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Die Geschichte der Postkarte
Am 1. Oktober 1869 wurde die "Correspondenz-Karte" mit aufgedruckter
Zwei-Kreuzer-Marke eingeführt. Sie hatte eine Adressen- und eine
Mitteilungsseite; Bilder irgend welcher Art gab es nicht, abgesehen
vom österreich-ungarischen Doppeladler auf der Adressenseite.
Seit 1875 formierte sich dann der Weltpostverein, durch den die
Versendung auch in andere Länder möglich wurde. Es gab aber schon
damals Personen, die in privater oder gewerblicher Absicht, nachträglich
Bilder aufbrachten, wie durch den Hofbuchhändler Schwarz in Oldenburg
1870 geschehen.
Ab 1872 durften auch privat gefertigte Postkarten in den Handel
gebracht werden, auf die der Absender eine Briefmarke mit unterschiedlichem
Porto für unterschiedliche Regionen aufkleben mußte. Diese Möglichkeit
gab den Anreiz, eine Seite der Postkarte mit einem Bild zu bedrucken.
Sie wurden im allgemeinen in Gastwirtschaften und Buden bei Sehenswürdigkeiten
mit großen Touristenaufkommen verkauft. Alle diese frühen Bildpostkarten
wurden einfarbig gedruckt und haben das Bild auf der Mitteilungsseite.
Der Absender mußte für seinen Gruß eine freie Stelle benutzen
oder das Bild beschreiben.
Seit 1878 stellte ein Verleger Bildpostkarten im Lichtdruck nach
photographischen Vorlagen her. Erst um 1895 setzte die große Zeit
der Bildpostkarte ein. Die mehrfarbige, hauptsächlich im Steindruck
hergestellte Bildpostkarte kam in Mode. Der Beruf des Postkartenmalers
entstand, und Aquarelle dienten hauptsächlich als Vorlagen. Bald
traten neben die Ansichten andere Motivbereiche des menschlichen
Lebens. Vor allem setzte jetzt ein großer Sammeleifer ein; Philokartistenvereine
wurden gegründet, Postkartenalben und andere Aufbewahrungsmittel
verkauft. Postkartenschreiben und -sammeln wurde zur Mode; das
Sammelfieber erfaßte alle "Kulturnationen" zwischen etwa 1895
und dem 1. Weltkrieg. Der Bedarf an Sammlerutensilien war gewaltig:
groß- und kleinformatige Alben, dekorative Blechkästen in Postkartengröße,
Betrachtungsgeräte etc.. Die Blütezeit endete mit dem Ausbruch
des 1. Weltkrieges. Die Menge der produzierten Karten nahm zwar
nicht ab, die Auflagen eines neuen Motivbereichs stiegen sogar:
patriotische Karten mit Kampfparolen, mit schwarz-weiß-roten Bändern
und Fahnen, Kriegsschauplätze, Soldatenleben und -leid, Porträts
vom Kaiser und von Feldherren. Aus Mangel an Material und qualifizierten
Arbeitskräften verfiel jedoch deren Qualität und Vielfalt, die
Massenware verlor für die Sammler an Attraktivität. Nach dem Kriege
wurde die alte Leidenschaft nicht zurückgewonnen; die maschinell
hergestellte Bildpostkarte beherrschte nun den Markt.
Eine Renaissance des Sammelns setzte mit der nostalgischen Bewegung
seit etwa 1970 ein. Es wuchs die Erkenntnis, daß die Bildpostkarten
ein weites Panorama kulturgeschichtlicher Entwicklung boten: Sie
illustrieren das alte Stadtbild, die Mode, die Verkehrsmittel,
die Kneipenkultur, das menschliche Leben und den Geschmack der
jeweiligen Zeit.
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